Lake Bled – das Paradies!?

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Nach einer weiteren Nacht in Planica, wo Marco und ich kurz vor dem einschlafen einen röhrenden Hirsch hören konnten, fuhren wir durch die grüne Wiesenlandschaft, gesäumt von den hohen, felsigen Bergen des Triglav. Entlang der noch jungen Save, jenen Flusses, welcher bei den Überschwemmungen im August stark betroffen war. In diesem Bereich war das Gebiet allerdings zum Glück kaum in Mitleidenschaft gezogen worden.

«A visit to Slovenia would not be complete without a visit to Lake Bled.» So steht es in allen Top-Ten-Listen, Lifestyle-Blogs und Reiseführern, was stark impliziert, dass ein Auslassen dieser Touri-Stadt mit Burg und See und Kirche drauf schon sehr rebellisch bis widerspenstig sein würde. Also fuhren wir «straight direction Lake Bled».

Mit der Aussicht darauf, die weltbekannte Bleder «Kremšnita» zu essen, konnten wir sogar die Kinder für den Spaziergang vom Parkplatz in die Stadt begeistern und so steuerten wir direkt in die erste Bäckerei um so ein süsses Stück als Probiererli zu kaufen. Einen gemütlichen Schattenplatz am See mit Blick auf die schöne Insel suchten wir allerdings vergebens. Stattdessen fanden wir Verbotsschilder für alles Mögliche und gestresste Touris, ebenfalls auf der Suche nach einem freien Bänkli im Schatten oder dem besten Fotospot fürs Selfie mit der Insel.

Von den Gegebenheiten nun doch noch rebellisch geworden, setzten wir uns halb auf den Rasen, halb auf den Weg (denn wo sollten wir sonst hin, um unser verbotenes «Picknick» zu geniessen?) und stürzten uns auf die Kremšnita. 2 von 4 fanden sie köstlich, ratet mal wer!..

Die Kinder rechneten zusammen, wie viel Bussgeld wir nun für diesen Verstoss hätten zahlen müssen: satte 800 Euro. ..und das Math-Spiel zog sich noch ein paar hypothetische Verstösse weiter, so weit in die Höhe, bis wir die Reise wohl wegen Bankrott hätten abbrechen müssen.

Nach dem Pflichtfoto, wenn wir schon mal da sind, wagten wir uns an den steilen Aufstieg zur Bleder Burg «Blejski Grad» um auch noch den Ausblick von oben zu haben. Für diese hätten wir dann Eintritt bezahlen müssen, was uns doch zu wenig wichtig war. Ausserdem hatten wir einen Termin. 

Zu den Verbotsschildern in Bled und allgemein dem Thema «Overtourism» machten wir uns auf der Weiterfahrt einige Gedanken. Im «Bund» hatten wir kürzlich auch aktuelle Nachrichten aus der Schweiz zum Thema gelesen.

«Bled is the image of paradise and we want to preserve it.» so steht es auf den grossen Schildern an der Promenade. Über diesen Satz dachten wir noch lange nach. Dünkt es nur uns, dass er wie eine Rechtfertigung für all die Verbote scheint? Und dass eine Art Verzweiflung und Überforderung mitschwingt? Das «Bild vom Paradies», woher kommt es? Wird es mit dem zunehmenden Tourismus von der Region selber produziert oder sind es nur die Sozialen Medien? Die Mobilität der Menschen ist so hoch wie nie zuvor. Corona und die aktuelle Weltlage treiben viele Leute an, möglichst viel zu erleben, viel von der Welt zu sehen. So auch uns. Doch wie viele Leute mag so ein Ort vertragen? Wann ist es zu viel des Guten?

Wir dachten darüber nach, ob wir uns in Zukunft die stark frequentierten Spots nicht mehr anschauen wollen, um nicht «Teil davon» zu sein und so das Problem «Overtourism» nicht zu verstärken. Allerdings gibt es auch Orte, die wir wirklich gerne sehen wollen. Neues zu entdecken und fremde Orte zu besuchen ist einer der Gründe, weshalb wir diese Reise machen. Klar, zum Teil «kennen» wir diese Orte auch nur durch Instagram und Co. –  Die paradiesischen Bilder der Orte, von denen wir wissen, dass sie in Wirklichkeit nicht so leuchtend, idyllisch und menschenleer sind, die wir aber trotzdem mit eigenen Augen sehen möchten um uns ein eigenes Bild davon zu machen. Eindrücke wie in Bled jedenfalls empfinden wir als anregend und aufschlussreich.

3 Antworten zu „Lake Bled – das Paradies!?“

  1. Avatar von walter bieri
    walter bieri

    Interessanter Bericht, selbstkritisch und anregend. Mag mich gut erinnern was bei Corona im Wachsudornmösli abgange isch. Danke, nime gärn Anteil. wali

  2. Avatar von Werner & Marianne
    Werner & Marianne

    Eindrücklicher Bericht! Wir können sehr gut verstehen, dass ihr hin und her gerissen seid, wie ihr diesem Problem begegnen wollt.
    Ihr werdet aber sicher eine Lösung finden, wie ihr die bedeutenden Hotspots besuchen könnt, ohne übermässig zum Overtourism beizutragen.

  3. Avatar von Katja
    Katja

    …bald steht mit Dubrovnik ein weiterer Hotspot an, wir werden berichten.

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